Begleitungsbeispiel - eine Ehrenamtliche erzählt

Seit meiner Ausbildung zur ehrenamtlichen Familienbegleiterin vor vier Jahren habe ich schon viele verschiedene Begleitungen übernommen. Derzeit begleite ich Paul und seine Familie.
Nach der Diagnose Leukämie war Paul zusammen mit seiner Mama oft wochenlang im Krankenhaus. Während dieser Zeit wurde die Familie zu Hause durch eine Familienpflegerin unterstützt, finanziert über die Krankenkasse. Pauls Vater musste schließlich arbeiten gehen und konnte die beiden Schwestern daher tagsüber nicht betreuen. Weitere Familienangehörige, die einspringen könnten, gibt es nicht.

Nun, nach langen und oft bangen Monaten hat Paul das Schlimmste hinter sich. Der stationäre Aufenthalt in der Uniklinik Düsseldorf ist beendet und Paul wird dort nun ambulant weiter behandelt. Das ist zwar ein Grund zur großen Freude, bedeutet aber auch, dass die Familie nun ohne die Unterstützung der Familienpflegerin klar kommen muss. Und das obwohl Paul im Rahmen der ambulanten Behandlung regelmäßig zur 35km entfernten Uniklinik Düsseldorf fahren muss. Dann muss sich Pauls Papa frei nehmen, um sich um die beiden Geschwister zu kümmern, während Paul und seine Mama oft den ganzen Tag weg sind.

Wie es wäre, mal wieder einen 'richtig freien Tag' miteinander zu verbringen, können sich die Eltern mittlerweile fast gar nicht mehr vorstellen. Seit zwei Jahren besteht ihre Partnerschaft nur noch aus der Sorge um Paul und dem schwierigen Krankheits- und Familienmanagement. Die Eltern haben diese schwere Zeit gemeistert, dabei aber 'irgendwie vergessen' wie es ist, z. B. mal in Ruhe zum Friseur oder einkaufen gehen zu können. Und von gemeinsamer Zeit als Paar, ohne dass Kinder dabei sind, können sie seitdem auch nur träumen, denn einer 'normalen' Babysitterin möchten sie Paul und seine Schwestern nun doch noch nicht anvertrauen. Als Ihnen in dieser belastenden Situation in der Uniklinik die Initiative Schmetterling empfohlen wurde, haben sie unser Begleitungsangebot gern angenommen.

Ich besuche den sechsjährigen Paul und seine Familie also an einem Nachmittag pro Woche für drei bis fünf Stunden. Anfangs blieb die Mutter noch in der Wohnung, bis sie sicher sein konnte, dass ich gut mit den drei Kindern zurecht komme. Jetzt nutzt sie die Stunden, um Erledigungen zu machen, sich mit einer Freundin zu treffen oder einfach nur mal zu bummeln oder spazieren zu gehen. Letzte Woche hatte sich ihr Mann frei genommen und die beiden waren zusammen im Restaurant essen gewesen. Ich habe mich sehr gefreut, als danach zwei lachende und entspannt wirkende Eltern nach Hause zurück kamen.

Die Stunden mit den drei Kindern machen mir viel Spaß. Anfangs musste ich eine gewisse Scheu überwinden, denn der durch die Chemotherapie kahlköpfige Paul war sehr zurückhaltend und wirkte so zerbrechlich. Auch seine jüngste Schwester fremdelte bei unseren ersten Treffen etwas. Aber inzwischen sind alle Drei 'aufgetaut' und ganz normale Kinder, mit denen ich lache und, wenn es mal gar zu wild zugeht, auch mal schimpfe. Wie den meisten schwer kranken Kindern ist es auch Paul wichtig, nicht 'in Watte gepackt' zu werden. Natürlich gibt es noch bestimmte Verhaltensregeln und Einschränkungen für ihn, über die mich die Eltern informiert haben. Aber darüber hinaus versuche ich, ihn wie ein gesundes Kind zu behandeln.

Wir bauen mit Lego, wir malen und basteln, ich lese ihnen vor, wir spielen zusammen im Garten oder ich helfe der Ältesten bei den Hausaufgaben. Alles in allem eigentlich keine große Sache, aber für die Famile eben doch sehr hilfreich. Pauls Mutter hat mir schon mehrfach gesagt, wie toll es sich anfühle, zu wissen, dass ich auch am nächsten Mittwoch wiederkommen werde. Dieser Nachmittag sei ihre 'kleine Insel'. Und schließlich wisse ja auch niemand, wie es weiter geht mit Pauls Krankheit. Auch wenn es derzeit sehr gut aussehe, seien Krisen und Rückfälle nicht ausgeschlossen. Da sei es sehr beruhigend, in mir eine kompetente Ansprechpartnerin zu haben. Das höre ich natürlich gern und freue mich, ein 'Schmetterling' zu sein.